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Zum 35. Jubiläum erscheint "The Best Of Milli Vanilli"

  • Veröffentlicht: 24.11.2023
  • 14:03 Uhr
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Das Wichtigste in Kürze

  • Sie hatten die Hits und sie hatten die Looks: Nur waren bei Milli Vanilli diejenigen, die die Hits schrieben und sangen nicht die, die auf der Bühne standen und die Looks hatten. Nun erscheint das Best-of dieser Band, die ein ebenso interessantes wie dramatisches Kapitel Popgeschichte schrieb.

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Dieser Dialog zwischen zwei Liebenden als Intro, der kurze Paukenschlag, dann das Disco-Keyboard, der Oldschool-Beat, die Streicher, der Glockenspiel-artige Synths-Sound – bis schließlich der Rap einsetzt und danach dieser unvergessliche Chorus: Keine Frage, "Girl You Know It’s True", veröffentlicht im Jahr 1988, ist auch heute noch ein verdammter Hit. Wer den Aufstieg von Milli Vanilli live erlebt hat, wird außerdem gleich diese beiden schönen Männer vor Augen haben: der Franzose Fabrice Morvan und der Bayer Robert Pilatus. Die beiden PoC hatte nicht nur diesen lasziven Hüftschwung, das Modebewusstsein von weitgereisten Männern von Welt und die Looks zweier Superstars, sie hatten außerdem ein Bühnencharisma, dem man sich kaum entziehen könnte. Ohne diese beiden Stars wäre Milli Vanilli niemals zu diesem weltweiten Phänomen geworden. Sie bekamen einen Grammy, wurden von Whitney-Houston-Förderer Clive Davis unterstützt, spielten Stadionkonzerte, regierten die deutschen Charts und landeten selbst in Amerika auf der Eins. Der, sagen wir mal, Haken an der Sache: Ihr Produzent Frank Farian – der schon mit Boney M. in den 70ern Hits wie "Daddy Cool" und "Rivers Of Babylon" hatte – war nicht nur der Produzent von Milli Vanilli: Er war für die komplette Musik verantwortlich. Statt Fabrice Morvan und Robert Pilatus sangen von Farian engagierte Studiosänger wie Brad Howell, John Davis, Jodie Rocco, Linda Rocco, Charles Shaw und Farian selbst. Morvan und Pilatus hatten also nicht eine Zeile des gesamten Oeuvres selbst gesungen. Das musste Frank Farian Ende 1990 unter wachsendem Druck öffentlich zugeben.

Die Musik, die nun zum 35. Jubiläum auf "The Best Of Milli Vanilli" noch einmal kompiliert erscheint, wird dadurch freilich nicht schlechter. Der besagte Hit, aber auch "Baby Don’t Forget My Number", "Blame It On The Rain" oder "I’m Gonna Miss You" sind noch immer unwiderstehliche Songs, die bei allen 80er-Fans Kopfkino und starke Emotionen auslösen dürften. Dass man sie so übergroß in Erinnerung hat, liegt dann aber eben nicht nur an der Musik selbst, sondern an Fabrice Morvan und Robert Pilatus sowie an ihren zahlreichen TV- und Playback-Auftritten. Ohne die beiden wäre Milli Vanilli schließlich niemals so groß geworden, sondern allenfalls ein halbwegs erfolgreiches Studioprojekt eines namhaften Produzenten.

Dass man Morvans und Pilatus‘ Anteil am Weltruhm heute wieder mehr wertschätzt, liegt an zwei Dokumentationen, die gerade ihren Blick auf die Geschichte erzählen. Wobei nur Morvan zu Wort kommen kann, da Pilatus 1998 nach langem Drogenkonsum verstarb. Nach dem Outing durch Frank Farian entlud sich nämlich eine Welle des Hasses und der Häme über die beiden. Die Band zerbrach und die erkennbar rassistisch argumentierende Öffentlichkeit machte die zwei schwarzen Performer zu den Sündenböcken – und nicht Frank Farian und Clive Davis. In einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit" erzählte Fabrice Morvan kürzlich, wie es sich damals anfühlte, als sich auch die meisten Fans abwandten und viele von ihnen gar die Band auf Entschädigung verklagen wollten: "Wir waren noch immer in den USA, völlig lost, verängstigt und alleine – das Label wollte von nichts gewusst haben. Und die Sammelklagen waren schon unterwegs, zusammengestellt von Anwälten, die in Zeitungen inserierten: 'Wenn Sie Geld verloren haben wegen Milli Vanilli, please call 1-800…' Da meldeten sich viele Fans, was die Anwälte freute, weil sie damit viel verdienten. Ich versuchte damals, kein Fernsehen zu schauen, es war einfach zu negativ. Wir saßen in der Ecke wie zwei kleine Jungs, Rob und Fab, und wurden gemobbt. Rob verlor sich vollkommen. Ich versuchte, mit Musik zu heilen, und da irgendwie rauszukommen."

Die Musik heilt bei dieser Geschichte auch heute: Das Best-of macht deutlich, dass Milli Vanilli nicht von ungefähr zu Weltstars wurden. Die Songs bleiben stark – und dass man sie kennt und noch kennt, liegt eben an Fabrice Morvan und Robert Pilatus.

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